Aus zwei mach eins – einheitliche IT-Strukturen nach der Fusion

Als 2008 die beiden Facility Management-Anbieter HSG GmbH und M.+W Zander GmbH fusionierten, stand die IT des neuen Unternehmens vor einem Problem: Braut und Bräutigam arbeiteten mit unterschiedlichen Systemen. Schnell war klar, dass eine der beiden Lösungen abgeschaltet gehörte. Bloß welche? Ein Projektteam nahm beide Kandidaten genau unter die Lupe. Am Ende gaben Faktoren wie Flexibilität, Integrationsvermögen und die langfristigen Gesamtkosten den Ausschlag. In nur sechs Monaten harmonisierte die HSG Zander GmbH ihre IT-Landschaft. Neben den komplexen fachlichen Anforderungen bewältigte das Projektteam die parallellaufende Umstrukturierung gleich mit. Die heute einheitlichen Strukturen senken die laufenden IT-Kosten und vereinfachen zentrale Aufgaben wie das Reporting oder die internationale Konzernkonsolidierung. Damit entlastet der Immobilienspezialist die Mitarbeiter und legt den Grundstein für die künftige Unternehmensentwicklung.
Doppelnamen sind nicht nur bei der Eheschließung, sondern auch bei Unternehmensfusionen beliebt: Die HSG Zander GmbH ist 2008 aus dem Zusammenschluss der HSG Technischer Service GmbH und der M+W Zander GmbH entstanden. Unter dem Dach des Baukonzern Bilfinger & Berger AG ist das Unternehmen heute weltweit die Nummer 1 im kaufmännischen Facility Management. Im Bereich des technischen Facility Managements liegt man auf Rang 4. Die Kundenkartei des Immobilienspezialisten liest sich wie ein Lexikon der Weltwirtschaft: Neben Konzernen wie ABB, IBM, Colgate oder Swiss Life buchen auch Immobilienfonds und Investmentgesellschaften die Rundum-Betreuung der HSG Zander. Die Palette der Dienstleistungen reicht dabei von der Wartung der Gebäudetechnik, über die Vermarktung von Büroflächen bis hin zum Catering. Weil viele Kunden international vertreten sind, zeigt auch HSG Zander weltweit Flagge. „Für uns ist es selbstverständlich, unseren Kunden zu folgen“, unterstreicht Thomas Thürck, IT-Projektleiter bei der HSG Zander GmbH. Gebäudedienstleistungen auszulagern bedeutet allerdings nicht, sie aus der Hand zu geben. Informationen spielen beim Facility Management daher eine außergewöhnlich große Rolle. „Unsere Kunden wollen über Aspekte wie Betriebskosten, Wartungsaufwendungen oder Leerstände auf dem Laufenden sein. Die elektronische Bereitstellung der Daten im Rahmen des Computer Aided Facility Management ist inzwischen ein entscheidender Faktor für die Auftragsvergabe“, erklärt Thomas Thürck. Die Kunden der HSG Zander können derartige Informationen aus einem individuellen Facility Management-Portal abrufen.
Das Ende der Insellösungen
Geliefert werden die Zahlen von der Unternehmenssoftware. Die HSG arbeitete seit 2002 erfolgreich mit Microsoft Dynamics NAV und der Branchenlösung „NAV TechFM“. Das Zusatzmodul des langjährigen Softwarepartners m+p business solutions stellt spezielle Funktionen für das Facility Management zur Verfügung. Nach der Fusion mit M.W. Zander hatte man plötzlich mit SAP R/3 ein zweites ERP-System an Bord. „Den Zustand wollten wir natürlich schnellstmöglich beenden“, bestätigt IT-Projektleiter Thürck. Im Sommer 2008 nahm ein Projektteam, bestehend aus Mitarbeitern von HSG Zander und m+p business solutions, beide Lösungen genau unter die Lupe. „Auf eine Neuausschreibung haben wir bewusst verzichtet, um das vorhandene Wissen und die Infrastruktur weiter zu nutzen“, erklärt Thomas Thürck. Neben fachlichen Aspekten, wie etwa der Umsetzung der gestiegenen Anforderungen, spielte auch die Performance eine große Rolle. Schließlich lag die Zahl der angeschlossenen Arbeitsplätze inzwischen bei weit über 400. Im September 2008 entschied das Duo aus Microsoft Dynamics NAV und NAV TechFM das Rennen für sich. Den Ausschlag gab vor allem die Flexibilität. „Die vollständige Abbildung des Immobiliengeschäfts in SAP hätte zu sehr komplexen Prozessen geführt. Deshalb prägten zahlreiche Insellösungen und Schnittstellen die Softwarelandschaft bei M+W Zander. Mit Dynamics NAV konnten wir die Anforderungen beider Unternehmensbereiche zusammenführen und die heterogenen Strukturen auflösen“, begründet IT-Projektleiter Thürck die Wahl. Es sei abzusehen gewesen, dass der Beratungsaufwand bei Microsoft Dynamics NAV deutlich niedriger ausfallen würde. Auch hätten sich die Lizenz- und Wartungskosten als günstiger erwiesen. Mit m+p business solutions habe man zudem auf einen Microsoft-Partner mit fundiertem Immobilien-Know-how zurückgreifen können.
Harmonisierung der Arbeitsabläufe
Der Startschuss für das Projekt fiel im Oktober 2008. Bis März 2009 sollte die Systemumstellung abgeschlossen sein. Wegen der hohen Komplexität gliederte man das Vorhaben in Teilprojekte, die sich schwerpunktmäßig mit dem Facility Management, den Internetportalen oder der Infrastruktur beschäftigten. „Während die HSG Unternehmen unterschiedlichster Größe betreute, konzentrierte sich die M+W Zander vor allem auf Großkunden. Die Prozesse beider Unternehmen waren deshalb sehr unterschiedlich“, beschreibt Thomas Thürck die Ausgangssituation. Schritt für Schritt erweiterte das Projektteam die vorhandenen Arbeitsabläufe um zusätzliche Funktionen, Hierarchien und Genehmigungsläufe. „Gleichzeitig mussten wir zentrale Prozesse wie die Belegprüfung optimieren, verschlanken und individualisieren, um am Ende nicht mit zu komplexen Abläufen da zu stehen“, erklärt IT-Projektleiter Thürck. Schließlich galt es, mit den neuen Strukturen ein deutlich höheres Auftragsvolumen zu bearbeiten. Anpassungen waren zudem beim Zusammenspiel mit dem Facility Management-Portal erforderlich. Kunden und Mitarbeiter können von hier aus zum Beispiel auf aktuelle Störungsmeldungen, laufende Arbeitsaufträge, Liegenschaftsinformationen oder das individuelle Reporting zugreifen. Darüber hinaus werden mit einigen Kundensystemen Informationen auf direktem Weg ausgetauscht. „Die Daten werden in Dynamics NAV erzeugt und im XML- oder Textformat übergeben. Auch hier waren mitunter Anpassungen erforderlich“, erläutert Thomas Thürck. Eine Besonderheit ist die mobile Version der Branchenlösung NAV TechFM. Kundendienstmitarbeiter und Techniker können damit vor Ort Aufträge erfassen, bearbeiten und per Mobilfunk beziehungsweise über die Docking-Station im Büro mit Microsoft Dynaimcs NAV abgleichen. „Die Aufträge sind dadurch schneller fertig gemeldet und können zügig abgerechnet werden. Das bringt nicht nur spürbare Liquiditätsvorteile. Der Kundenservice ist nicht mehr gezwungen, zwischendurch ins Büro kommen, was wiederum Zeit und Fahrtkosten spart“ freut sich der IT-Projektleiter.
Doch die Herausforderungen der Systemumstellung lagen nicht allein auf technischer Seite: Die vorhandenen Stammdaten in SAP mussten beispielsweise bereinigt und um neue Konten- und Kostenstellenvorgaben ergänzt werden. Damit nicht genug verpasste sich die HSG Zander GmbH zeitgleich zur Systemumstellung eine neue Konzernstruktur. Die zahlreichen Tochterunternehmen wurden dabei in 14 Regionalgesellschaften zusammengeführt. „Das hatte natürlich einen erheblichen Einfluss auf das Berichtswesen. Wir mussten beispielsweise neue Mandanten aufbauen und in das Konzernreporting integrieren“, betont Thomas Thürck. Trotzdem gelang es im März 2009, alle deutschen Standorte pünktlich auf Microsoft Dynamics NAV umzustellen.
Der Vorteil einheitlicher IT-Strukturen
Heute sind rund 480 Arbeitsplätz an das ERP-System angeschlossen. Das ist etwa drei Mal so viel wie vor der Fusion. „Die vollständige Implementierung in sechs Monaten ist eine ausgesprochen professionelle Leistung, die ohne das persönliche Engagement der Mitarbeiter und die perfekte Zusammenarbeit mit m+p Business Solutions nicht möglich gewesen wäre“, erklärt Thomas Thürck. Der Zeitdruck sei wegen der parallellaufenden Umstrukturierung für alle Beteiligten enorm gewesen. Eine Alternative habe es jedoch nicht gegeben. Besonders stolz ist er deshalb auf die durchweg positive Resonanz der Mitarbeiter: „Das ist bei Systemumstellungen keine Selbstverständlichkeit und liegt vor allem daran, dass vom ersten Tag an alles funktionierte.“ Kurzfristige Einspareffekte ergeben sich aus seiner Sicht zunächst bei der IT: „Der Verkauf der SAP-Lizenzen und die gesunkenen Wartungs- und Pflegekosten tragen zur raschen Amortisation bei.“ Mittel und langfristig werde HSG Zander insbesondere von der harmonisierten Systemlandschaft profitieren, die Aufgaben wie das Reporting oder die internationale Konzernkonsolidierung erheblich erleichtere. Im Moment ist die IT-Abteilung der HSG-Zander-Gruppe mit dem internationalen Roll-out der Unternehmenssoftware ausgelastet. „Wir starten derzeit im deutschsprachigen Raum und bauen Dynamics NAV dann schrittweise zur mehrsprachigen Lösung aus“, erklärt IT-Projektleiter Thürck. Erst später, viel später will man sich über den weiteren Systemausbau Gedanken machen.
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